Geschichte der Deutschen im heutigen Litauen
Litauen ist der südlichste der drei baltischen Staaten. Er wurde 1386 als letztes Land Europas christianisiert. Jahrhundertelang bestand die polnisch-litauische Union, das größte Staatswesen Osteuropas.
Wie Polen, aber anders als Estland und der größere Teil Lettlands, blieb Litauen katholisch. Durch die Teilungen Polens fiel es 1795 an das russische Zarenreich. Auf Einladung örtlicher Grundherren gelangten ab dem 15. Jahrhundert deutschsprachige Siedler nach Litauen.
Der Schwerpunkt der deutschen Siedlungen in Litauen lag auf dem Gebiet des Memellandes, das bis 1918 den nordöstlichsten Teil Ostpreußens bildete.
Bis ins 19. Jahrhundert wanderten vermehrt ostpreußische Bauern und Arbeiter dorthin aus.
Mit dem Bau der wichtigen Eisenbahnlinie vom ostpreußischen Eydtkuhnen/Tschernyschewskoje nach St. Petersburg siedelten sich weitere deutsche Arbeiter und Ingenieure an. In Kaunas entstanden beispielsweise zwei Werke der Eisenindustrie, wo um 1900 etwa 4.500 Deutsche lebten.
Von 1923 bis 1939 sowie seit 1990 gehört das ehemals ostpreußische Memelland zu Litauen. Seine Hauptstadt Memel/Klaipėda war bis 1920 die nördlichste Stadt des Deutschen Reichs. Von 1939 bis 1945 gehörte das Memelland erneut zu Ostpreußen. Ab dem Ende des Zweiten Weltkriegs stellt das Memelland erneut einen Teil der (Sowjet-)Republik Litauen dar. Die meisten Deutschen flohen 1944/45 oder wurden danach vertrieben.
Derzeit leben nach den Angaben des Auswärtigen Amtes noch etwa 2.400 Angehörige der deutschen Minderheit in Litauen.
Die Geschichte der Deutschen in Litauen
Litauen heute
Der 1989 in Memel/Klaipėda gegründete Deutsch-Litauische Kulturverband zählte anfangs Memelländer deutscher und litauischer Abstammung zu seinen Mitgliedern. 1993 benannte sich der Kulturverband nach der Mehrheit in Verein der Deutschen in Klaipėda um.
Zurzeit umfasst er noch 350 Personen, ein Teil von ihnen sind Litauer, die sich für Deutschland interessieren und deren Kinder das deutschsprachige Hermann-Sudermann-Gymnasium besuchen. Neben deutscher Kulturpflege steht auch die Einbindung der litauischen Mehrheitsbevölkerung im Mittelpunkt. Weitere Aktivitäten der deutschstämmigen Litauer sind in Organisationen wie dem Verein der Deutschen Litauens e.V. in Wilna/Vilnius und verschiedenen Klubs und Stammtischen in Kauen/Kaunas, Heydekrug/Šilutė und Schaulen/Siauliai gebündelt.
Litauen heute
Sechs Stunden Deutsch - Das Hermann-Suderman Gymnasium
1992 wurde das Hermann-Sudermann-Gymnasium in Memel/Klaipėda für etwa 500 Schüler als erste Schule für die deutsche Minderheit in Litauen gegründet.
Schüler der verschiedenen Jahrgangsstufen lernen vier bis sechs Wochenstunden Deutsch. Litauisch als Staatssprache und Deutsch als Nationalitätensprache sind verbindliche Prüfungsfächer für das Abitur, zusätzlich können die Abiturienten ein deutsches Sprachdiplom ablegen, welches ihnen ein Studium in Deutschland ermöglicht.
Seit 2001 ist die Schule durch ein halbjähriges Austauschprogramm mit der Lübecker Baltic Gesamtschule verbunden. In den letzten Jahren kamen auch Schulen in Kiel, Wilhelmshaven und Berlin hinzu. Die Schule unterhält den Mädchenchor HZG Sound. Die Sängerinnen beteiligen sich beim Baltischen Liederfest und treten zusammen mit einem Streichquartett bei Adventskonzerten auf.
Wir sind gesinnt, beieinander zu stahn. - Der Verein der Deutschen in Klaipėda im Simon-Dach-Haus
Das Simon-Dach-Haus wurde 1996 als Kultur- und Begegnungszentrum des Vereins der Deutschen in Klaipėda eröffnet. Den Namen erhielt das Haus nach dem berühmten deutschen Dichter der Barockzeit, Simon Dach, der in Memel/Klaipėda gewirkt hat. Der Verein veranstaltet seit 1999 Deutsche Kulturtage, das Programm umfasst Buchvorstellungen, Konzerte, Konferenzen, Filmabende und Ausstellungen.
Gemeinsam mit dem Hermann-Sudermann-Gymnasium finden jedes Jahr Oster- und Weihnachtsfeiern sowie der bei Kindern sehr beliebte Martinsumzug statt. Mit jedem Jahr kommen mehr Gäste, 2016 zogen 300 Kinder mit ihren Eltern durch die Stadt. Beim jährlichen Adventskonzert in verschiedenen Veranstaltungsräumen der Stadt musizieren professionelle Musiker zusammen mit Schülern des Hermann-Sudermann-Gymnasiums.