Geschichte der deutschen Minderheiten in der heutigen Slowakei

Als „Karpatendeutsche“ werden jene Deutschen bezeichnet, die auf dem Gebiet der heutigen Slowakei (seit dem 12. Jh.) und der Karpatenukraine (seit dem 18. Jh.) lebten und leben.

Die Deutschen wurden seit Stephan, dem ersten König Ungarns (1000–1038), als Fachleute ins Land gerufen. Sie waren Bergleute, Handwerker, Kaufleute, aber auch Ritter und Geistliche. Die Folgen der Mongoleneinfälle im Jahre 1241 veranlassten die ungarischen Könige, die demographischen und ökonomischen Verluste durch Anwerbung Deutscher auszugleichen. Die Welle der deutschen „Gäste“ erreichte ihren Höhepunkt im 13. und 14. Jahrhundert. Den Neuankömmlingen wurde zugestanden, nach ihrem heimischen „deutschen Recht“ leben zu dürfen. Die Forschung geht davon aus, dass der damalige Anteil der Deutschen auf dem Gebiet der heutigen Slowakei ca. 20 bis 25 % der Gesamtbevölkerung betrug. Während der Hussiten- und „Türkenkriege“ und bedingt  durch die Magyarisierungspolitik der ungarischen Regierungen hat sich der Anteil der Deutschen bis 1918 stark vermindert. Mitte des 20. Jahrhunderts lebten in der Slowakei insgesamt ca. 150.000 Deutschstämmige (etwa 5 Prozent). Sie wohnten konzentriert in drei Siedlungsgebieten, in Pressburg/Bratislava und Umgebung im Westen der Slowakei, im Hauerland in der Mittelslowakei und in der Zips in der Ostslowakei.

90% der Deutschen wurden 1945/46 vertrieben. Aufgrund der Beneš-Dekrete wurden die im Land verbliebenen Deutschen ihrer Rechte, ihrer Würde und ihres Besitzes beraubt. Bei der Volkszählung 1950 bekannten sich nur noch 5.179 Bürger zur deutschen Nationalität, 1980 sogar nur 2.819. Ein hoher Assimilationsdruck und das fehlende deutsche Schulwesen in der Nachkriegszeit haben dazu geführt, dass die Karpatendeutschen am Ende der 1980er Jahre in der Slowakei in ihrer Existenz bedroht waren. Erst nach dem Zusammenbruch des Ostblocks gab es wieder Hoffnung für ihre Entwicklung. Bis zum Jahr 2011 stieg ihre Zahl wieder auf 4.690 Personen.

Geschichte der deutschen Minderheiten in der heutigen Slowakei

Slowakei heute

1990 wurde der Karpatendeutsche Verein in der Slowakei (KDV) ins Leben gerufen. Er vereinigt Personen deutscher Nationalität bzw. deutscher Herkunft und die Deutsch als ihre Muttersprache bezeichnen, sowie slowakische Sympathisanten. Der KDV hat etwa 4.800 Mitglieder in 32 Ortsgemeinschaften.

Das seit 1992 monatlich herausgegebene Karpatenblatt ist das wichtigste Medium des KDV und auch die einzige deutsche Zeitung der Karpatendeutschen in der Slowakei. Der Verein bietet mit sieben regionalen Begegnungsstätten eine Basis für die Revitalisierung der deutschen Kultur.

Glauben Sie, dass Ihre interkulturelle Identität ein Vorteil in der globalisierten Welt ist?

„Ich meine Ja. Gehört habe ich auch, dass man als Minderheitenangehöriger ‚mehr vom Leben‘ hat.“

Dr. Ondrej Pöss, Vorsitzender des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei (KDV), geb. 1950, Pressburg/Bratislava, Slowakei

Facetten der Erinnerung - Kultur der Karpatendeutschen im Museum

Das Museum der Kultur der Karpatendeutschen (MKKN) ist 1994 als Bestandteil des Slowakischen Nationalmuseums in Pressburg/Bratislava gegründet worden. 1997 zog es in ein eigenes Haus, baute seither die Sammlungen aus und legte eine umfangreiche Bibliothek an.

Das Museum unterhält Zweigstellen in Krickerhau/Handlová, Deutschproben/Nitrianske Pravno und ein deutsches Haus aus Oberturz/Turček im Dorfmuseum in Martin.

Das Museum versteht sich auch als Kontaktforum für alle Karpatendeutschen, die sich ihrer Wurzeln bewusst werden wollen. Das Museum publiziert die Reihe Acta Carpatho-Germanica, ein wertvoller Beitrag zur karpatendeutschen Geschichte.

Feiern verbindet - Das jährliche Sommerfest

Unter dem Motto „Freundschaft, Toleranz und gegenseitige Bereicherung“ findet seit über 20 Jahren das gesamtslowakische Kultur- und Begegnungsfest in Kesmark/Kežmarok  statt. Auftakt des Festes ist ein Empfang beim Bürgermeister der Stadt. Eine Ausstellungseröffnung und ein ökumenischer Gottesdienst folgen im Programm. Mit dem anschließenden Festumzug zur Burg in Kesmark/Kežmarok wird der Hauptteil der Veranstaltung eingeleitet.

Gemeinsam mit Gästen aus dem In- und Ausland und Angehörigen anderer Minderheiten treten die Kulturgruppen des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei auf. Mit politisch prominenten Eröffnungsrednern wird die besondere Bedeutung der deutschen Minderheit für die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Slowakei unterstrichen.