Geschichte der Deutschen im heutigen Kroatien

Seit mehr als 300 Jahren lebt die deutsche Minderheit im heute östlichen Teil Kroatiens, vor allem in Slawonien, der Baranya und in Syrmien. Ihre Ansiedlung erfolgte nach dem Ende der sogenannten „Türkenkriege“ und der Eingliederung Südungarns, Kroatiens und Slawoniens in die Habsburgermonarchie im Jahr 1699. Der Name „Donauschwaben“ entstand, weil die Siedler überwiegend aus Südwestdeutschland stammten. 1910 zählte die deutsche Minderheit Kroatiens 134.000, um 1944 sogar 150.000 Angehörige. Bis November 1944 „evakuierte“ das NS-Regime eine große Anzahl Donauschwaben aus dem Gebiet des heutigen Kroatiens nach Deutschland und Österreich. Die verbliebenen deutschen Zivilisten wurden Ende 1944 in Arbeitslagern der kommunistischen Partisanen interniert. Ein Drittel der ca. 20.000 deutschen Lagerbewohner kam dabei zu Tode. Die überlebenden Donauschwaben wurden vom jugoslawischen Staat entrechtet und zu kollektiv Schuldigen für die Verbrechen des NS-Regimes erklärt, was den Entzug der Bürgerrechte, Nutzungsverbot der deutschen Sprache sowie die Enteignung jeglichen mobilen und immobilen Besitzes bedeutete. Die Folge war eine stetig voranschreitende Assimilation und ein Identitätsverlust der Angehörigen dieser Minderheit.

Erst Anfang der 1990er Jahre bot sich den Angehörigen der deutschen Minderheit wieder die Möglichkeit, eigene Vereine zu gründen und ihre Sprache und ethnokulturelle Identität wieder aktiv zu leben und zu pflegen.

Kroatien heute

Die deutsche Minderheit in Kroatien zählt nach offiziellen Angaben etwa 3.000 Personen. Die Mehrzahl der Deutschstämmigen in Kroatien verlor aufgrund der Vertreibung, Enteignung und Lagerinternierung sowie des jahrelangen Sprachverbots und Assimilierungsdrucks nach 1945 die deutsche Identität. Die deutsche Minderheit in Kroatien ist im ganzen Land verstreut, mit Schwerpunkt im östlichen Teil Kroatiens. Sie ist heute eine anerkannte autochthone Minderheit, geschützt und gefördert durch das Gesetz über die Minderheitenrechte.

Die 1992 gegründete Deutsche Gemeinschaft in Esseg/Osijek ist heute der größte Verein der deutschen Minderheit in Kroatien, weitere Vereine sind in Wukowar/Vukovar und Zagreb tätig.

Deren wichtigstes Ziel ist die Wiederbelebung der deutschen Sprache und der donauschwäbischen Traditionen durch kontinuierliche Kulturarbeit. Die Einbindung auch derjenigen, die sich nicht mehr zu ihren deutschen Wurzeln bekennen, ist ebenfalls ein Anliegen der Vereinsarbeit.

Die Deutsche Gemeinschaft in Kroatien ist politisch zusammen mit den anderen Minderheiten im Parlament vertreten. Im Rat für die Minderheiten der Republik Kroatien, dem wichtigsten Organ der Interessensvertretung, stellt sie die Vizepräsidentin.

Welcher „Herkunft“ würden Sie sich bezeichnen?

„Meine Herkunft ist deutsch-österreichisch-ungarisch, was eigentlich typisch für diese Region ist. Die Familie meines Vaters stammt aus dem Schwarzwald, meine Oma (die Mutter meines Vaters) hatte auch ungarische Wurzeln, wobei meine Urgroßmutter mütterlicherseits in der k.u.k. Monarchie (in Villach, heute in Österreich) geboren wurde. (…) Ich fühle mich als Deutsche und bin stolz auf meine deutschen Vorfahren, aber mit Respekt Kroatien gegenüber, dem Land, in dem ich aufgewachsen bin. (…) Ich bin ein großer Fußballfan, wobei ich, selbst wenn Deutschland gegen Kroatien spielt, immer Deutschland anfeuere. Wenn aber Kroatien gegen ein anderes Team spielt, feuere ich Kroatien an.“

Renata Trischler, Geschäftsleiterin der Deutschen Gemeinschaft Osijek (DG), geb. 1974, Esseg/Osijek, Kroatien

Bühne frei! - Das Theaterfestival in Esseg/Osijek

Das von der deutschen Minderheit organisierte internationale deutschsprachige Theaterfestival in Esseg/Osijek hat sich seit seiner Gründung 2001 zu einer bekannten Kulturveranstaltung entwickelt. Es findet alljährlich in der viertgrößten kroatischen Stadt im Osten des Landes an der Grenze zu Serbien statt. Am Festival nehmen Kinder- und Jugendgruppen sowie junge Erwachsene teil, die anspruchsvolle deutschsprachige Produktionen einstudiert haben.

Esseg/Osijek war während der Jugoslawienkriege der 1990er Jahre von Kroaten und Serben erbittert umkämpft – die Spuren des Krieges sind bis heute im Stadtbild sichtbar. Daher ist es bemerkenswert, dass neben deutschkroatischen auch deutschserbische Gruppen an der Veranstaltung im Kindertheater Branko Mihaljević teilnehmen, die somit auch die kulturelle Wiederannäherung der beiden Balkanstaaten befördert.

Ebenso nehmen deutschsprachige Theatergruppen aus Ungarn, Rumänien, Russland, der Ukraine und seit 2016 auch aus Polen teil. Es entstehen internationale Freundschaften. Viele der jungen Schauspieler äußern den Wunsch, auch im Folgejahr wieder am Festival teilzunehmen.

Was empfinden Sie an sich selbst als „deutsch“ im täglichen Leben?

„Ich denke und träume meistens nur auf Deutsch (…) Menschen haben mir auch gesagt, dass ich viel witziger auf Deutsch bin.“

Hanna, Deutschlehrerin in der Samstagsschule, geb. 1989, Esseg/Osijek, Kroatien